Hajo Schiff, Hamburg im April 2001- zum fünfjährigen Jubiläum von OHa Kunst e.V.

 

FÜNF JAHRE KUNST IM TURM

Es ist keineswegs selbstverständlich, dass Künstler aus Köln und Kopenhagen zu Ausstellungen in die doch relativ kleine Kreisstadt Eutin kommen. Der Ort galt zwar unter den Oldenburger Großherzögen einst als Weimar des Nordens - aber das ist lange her. Heute zieht die Künstler der 1906 wie eine neugotische Stadtkrone erbaute Wasserturm an, in dem nunmehr im fünften Jahr die Produzentengalerie "OHa-Kunst e.V." recht ungewöhnliche Ausstellungsräume anbieten kann. Der 38 Meter hohe Turm dient nach wie vor als Spitzenzeitreservoir der Wasserwerke und als Aussichtsturm. Doch die Stadtwerke Eutin gestatten dankenswerterweise eben auch die Nutzung durch die Kunst.

Der künstlerisch schwierig zu bespielende runde Raum mit seinen Treppen, spitzbogigen Fenstern und aluminiumglänzenden Fallrohren ist für Malerei und Photographie kaum geeignet, reizt aber besonders plastisch, medial und performativ denkende Künstler. Und von denen waren - fast wider Erwarten - seit 1996 so viele bereit, hier oft neue Arbeiten zu installieren, das schon zum jungen fünften Jubiläum keine vollständige Retrospektive mehr möglich ist.

Immerhin weckt der schwebende Stoffstein der Koreanerin Hyun Joo Jin sicher auch die Erinnerung an die Performance "Gefühlsmuster", die sie im Mai vor zwei Jahren in Turm aufführte und die Steine von Frank Raendchen sind auch ein Hinweis auf den Eutiner Bildhauer und Findlingsliebhaber, ohne dessen kaum frustrierbare Tatkraft OHa-Kunst sicher nicht bis heute hätte existieren können. Auch Uwe Gripp, dessen hartes Brot aufgrund seiner Schwere es nur in den Garten des Wasserturms geschafft hat, hat die Idee der Produzentengalerie an diesem Ort stets unterstützt. Anne Massmann zeigt eine Installation mit Bekleidungsobjekten, ihre große Kriegerin hatte schon 1997 den ersten Stock in düster-aufreizendes Rot getaucht. Und als Gast rundet diese Jubiläumsschau der Holsteiner Künstler Mathias Wolf ab. Er hat jetzt in das oberste Stockwerk ein blaues Spinnennetz gewebt.

Aber ebenso wichtig, wie die laufende Ausstellung, ist die Erinnerung an das, was hier schon stattgefunden hat: Gleich mehrfach war die dänischen Fluxuslegende Henning Christiansen zu Besuch, die Berliner Komponistin Ute Wassermann ließ ihre bemerkenswerte Stimme klingen, der in Travemünde geborene Hamburger Klangkünstler Andreas Oldörp zentrierte mittels eines drei Meter langen Glasrohres mit einer Gasflamme die Architektur durch einen sanft schwebenden Ton, der aus Norwegen stammende Kopenhagener Lichtkünstler Thorbjörn Lausten arbeitete unter dem schweren Wasserbehälter mit Lichtsetzungen und der Schweizer Hannes Brunner, Professor für Bildhauerei in Kiel, umgab den Turm mit einer Reihe von Satellitenschüsseln, die das Innere mit einer Kaskade von vor sich hinbrabbelndem Weltfernsehen versorgten.

Künstlerischer Wellenbrecher, Sendemast und Leuchtturm, der akustisch merkwürdige Turm mit seinen Wasserrohren und pseudosakralen Fenstern ist ein Ort, an dem Kunst eine ganz eigene Wirkung entfaltet. Davon schwärmte auch die dänische Medien- und Earth-art-Künstlerin Eva Koch. Für die Dozentin an der königlichen Akademie Kopenhagen war ihre Videoinstallation nach Amsterdam, Barcelona, Glasgow, Madrid und Oslo die erste Einzelausstellung in Deutschland.

Der Verein OHa-Kunst ist guter Dinge, sein ambitioniertes Programm weiter fortsetzen zu können, auch wenn die Erlaubnis der Stadtwerke und die Zuschüsse von Stadt, Kreis und Land jedes Jahr wieder neu erkämpft werden müssen. Ein Highlight für dieses Jahr wird sicher die im Juli folgende Ausstellung der ersten feministischen Videokünstlerin und documenta-erprobten Saarbrücker Professorin Ulrike Rosenbach sein.

Dem Künstlerverein OHa-Kunst ist es in relativ kurzer Zeit von knapp fünf Jahren gelungen, im kleinen Eutin eine alte Landmarke in einen attraktiven jungen Kunstort zu verwandeln.

 

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